PulFlex – Flechtpultrusion und Biegen von thermoplastischen Faserverbundwerkstoffen

Leichte, langlebige und recycelbare Verbund-Querträger für Hochspannungsleitungen

Das Projekt PulFlex widmet sich der Entwicklung einer neuartigen Prozesskette zur Herstellung gebogener, endlosfaserverstärkter thermoplastischer Verbundwerkstoffe. Ziel ist es, einen Querträger aus thermoplastischem glasfaserverstärktem Kunststoff (GFK) für Hochspannungsleitungen zu realisieren, der nicht nur leicht und langlebig ist, sondern auch vollständig recycelbar. Dafür werden zwei Schlüsseltechnologien miteinander kombiniert: die Flechtpultrusion zur Herstellung komplexer Faserarchitekturen und ein Biegeprozess, der die Formgebung nach der Fertigung ermöglicht. Die Umsetzung erfolgt im Rahmen eine Eurostars Projekts in einem internationalen Konsortium: CIKONI GmbH (Deutschland) – Projektkoordination, verantwortlich für Simulation und virtuelle Prozessentwicklung. BIRKA COMPOSITES S.L. (Spanien) – Anwendungspartner, spezialisiert auf Flechtpultrusion und Verbund-Querträger für Strommasten. Fraunhofer IGCV (Deutschland) – Forschungspartner mit Expertise in Pultrusion, Biegetechnologie und Materialcharakterisierung.

Projektziel – industrielle Umsetzung leichter und recycelbarer Thermoplast-Profile

Mit PulFlex entsteht nicht nur eine neue Generation von Strommast-Querträgern, sondern vor allem eine durchgängige Prozesskette für die Herstellung von leichten, formbaren und recycelbaren Thermoplast-Profilen. Das Projekt verbindet Materialentwicklung, Biegeumformung und Simulation zu einem ganzheitlichen Ansatz, der die industrielle Umsetzung deutlich erleichtert. Im Ergebnis steht ein Prozess, der effizient, nachhaltig und flexibel auf verschiedene Anwendungen übertragbar ist – und damit einen wichtigen Schritt in Richtung zukunftsweisender Verbundtechnologien darstellt.

 

Technologischer Hintergrund und Motivation

Die Energieinfrastruktur steht vor einem tiefgreifenden Wandel: Der Bedarf an leichten, langlebigen und wartungsarmen Komponenten wächst, insbesondere im Kontext der Elektrifizierung und des Netzausbaus. Konventionelle metallische Querträger sind schwer, korrosionsanfällig und aufwendig in der Montage. Auch duroplastische Verbundwerkstoffe bieten zwar gute mechanische Eigenschaften, sind jedoch nicht thermisch umformbar und nur schwer recycelbar. PulFlex setzt genau hier an: Mit thermoplastischen GFK-Profilen, die sich nachträglich biegen, recyceln und anwendungsspezifisch anpassen lassen.

Bestehende Herausforderungen

Formgebung:

Bisher eingesetzte duroplastische Werkstoffe lassen sich nicht umformen. Um Verbindungsstellen zu vermeiden, müssen die neuen thermoplastischen Profile gebogen werden – ein Prozess, der technologisch noch nicht ausgereift ist.

Recycling:

Duroplaste sind kaum wiederverwertbar. Thermoplaste eröffnen dagegen die Möglichkeit, die Bauteile nach ihrem Lebenszyklus wiederzuverwenden.

Entwicklungseffizienz:

Ohne Simulation ist die Biegeumformung experimentell aufwendig, da Faserumlagerungen, Faltenbildung und Spannungsverteilungen nur schwer vorhersehbar sind. Durch die Simulation des Biegeprozesses lassen sich Entwicklungszeit und Anzahl experimenteller Versuche deutlich reduzieren, da mithilfe virtueller Tests bestimmte Konfigurationen bereits im Vorfeld ausgeschlossen oder gezielt ausgewählt werden können.

 

Im Zentrum des Projekts steht die Entwicklung einer Prozesskette, die folgende Schritte umfasst:

Flechtpultrusion:

Herstellung kontinuierlich faserverstärkter Thermoplast-Profile mit gezielt angelegten Biegezonen. Die Kombination aus Flechten und Pultrusion ermöglicht eine präzise Steuerung der Faserarchitektur und damit der mechanischen Eigenschaften.

Biegeumformung:

Die thermoplastischen Profile werden nach der Pultrusion erwärmt und in die gewünschte Geometrie gebracht – ohne metallische Verbindungselemente. Dies reduziert Gewicht, Montageaufwand und potenzielle Schwachstellen im Bauteil.

Simulation:

Parallel wird von Projektpartner Cikoni ein Simulationsmodell entwickelt, das die Biegeumformung abbildet. Es ermöglicht die Vorhersage von Faserumlagerungen, Faltenbildung und Rückfederung und reduziert so den experimentellen Aufwand erheblich. Die Simulation dient zudem der Optimierung von Lagenaufbau, und Biegeradien. Ein weiterer Schwerpunkt liegt auf der Weiterentwicklung eines thermoplastischen Harzsystems, das neben hoher mechanischer Leistungsfähigkeit auch Flammschutz und elektrische Isolation bietet – essenzielle Anforderungen für den Einsatz in der Energieinfrastruktur. Die Materialentwicklung wird durch umfassende Charakterisierungen begleitet, darunter mechanische Prüfungen, Flammschutztests und elektrische Durchschlagsfestigkeit. 

Weiteres Ziel: Recycling und Nachhaltigkeit

Ein zentrales Ziel von PulFlex ist die Recyclingfähigkeit der entwickelten Bauteile. In einer begleitenden Studie wird untersucht, wie die thermoplastischen Profile am Ende ihres Lebenszyklus zerkleinert und im Spritzgussverfahren wiederverwendet werden können. Dabei werden die Eigenschaften der Rezyklate analysiert und potenzielle Folgeanwendungen identifiziert – ein wichtiger Beitrag zur Kreislaufwirtschaft im Leichtbau.

Projektabschluss: Demonstrator und Übertragbarkeit

Zum Abschluss des Projekts wird ein Demonstrator gefertigt: ein gebogener Querträger für Strommasten, der die industrielle Umsetzbarkeit der entwickelten Prozesskette belegt. Darüber hinaus wird die Übertragbarkeit der Technologie auf andere Branchen untersucht – etwa in der Luftfahrt, im Automobilbau oder in der Architektur, wo ähnliche Anforderungen an Gewicht, Formbarkeit und Nachhaltigkeit bestehen. 

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