Qualität und technische Sauberkeit

Technische Sauberkeit wird nicht zuletzt aufgrund der stetig zunehmenden Komplexität von Produktionsabläufen immer wichtiger. Ein Bauteil wird als »technisch sauber« bezeichnet, wenn es einen ausreichend geringen Verunreinigungsgrad aufweist. Dafür werden unerwünschte Stoffe (Verunreinigungen) überprüft und bis zu einem erforderlichen, vereinbarten oder möglichen Grad von der Oberfläche der Werkstücke entfernt. Ebenso wird der Zustand des Bauteils genau erfasst. Verunreinigungen, die während der Produktion auftreten, können sowohl partikulär aber auch filmisch sein. Beispiele hierfür sind Partikel, Chemikalien, Öle, Fette, Späne, Fasern, Oxide, Rost oder Zunder.

Sowohl die technische Sauberkeit als auch die zerstörungsfreie Prüfung haben in den letzten Jahren in der produzierenden Industrie zunehmend an Bedeutung gewonnen. Bei der zerstörungsfreien Prüfung wird die Qualität eines Bauteils geprüft, ohne das Werkstück zu beschädigen oder zu zerstören. Dadurch können fehlerhafte Bauteile schnell erkannt und rechtzeitig aus dem weiteren Verarbeitungsprozess geschleust werden. Beide Verfahren nehmen inzwischen eine sehr wichtige und erfolgsbestimmende Rolle ein und erfahren permanent steigende Beachtung.

 

Im Rahmen einer Studie wird am Fraunhofer IGCV erforscht, wie Sauberkeitsanforderungen im Hinblick auf Folgeprozesse durch die Erarbeitung von Richtwerten zukünftig an Transparenz und Effizienz gewinnen können.¹ Dazu wurden über 40 Unternehmen aus unterschiedlichen Bereichen der Zulieferkette hinsichtlich interner Prozessschritte, Anwendungen und Anforderungen befragt. 77 Prozent gaben an, dass Sie bereits Qualitätsprüfungen zur Erfassung der technischen Sauberkeit durchführen; dennoch besteht auch bei 63 Prozent der befragten Unternehmen der Bedarf, Optimierungspotenziale im Bereich technische Sauberkeit zu heben. Als primäre Folgen unzureichender technischer Sauberkeit gelten eine Einschränkung der Funktion und Lebensdauer der Bauteile.

¹ Schweda, S. (2018). Sauberkeitsanforderungen für Folgeprozesse, Journal für Oberflächentechnik, 58(1), S. 7-9.

Sauberkeitsanalyse, Qualitätsprüfung, Weiterbildung – unsere Kompetenzen

Restschmutzanalyse

  • Definition, Analyse und Überwachung der technischen Sauberkeit
  • Prozessentwicklung zur Bestimmung von Schichtdicken
Qualitätsprüfung
  • Zerstörungsfreie Prüfung
  • Prozessüberwachung
  • Restschmutzüberwachung
  • Entwicklung von Methoden zur Prozessüberwachung
Reinigungsverfahren
  • Teilereinigung
  • Bewertung und Optimierung von Reinigungsprozessen
  • Auswahl, Auslegung und Implementierung von Reinigungsprozessen
  • Vernetzte informationsbasierte Bauteilreinigung (Maschinelles Lernen und Künstliche Intelligenz)
Weiterbildung
  • Beratung und Schulung im Bereich technische Sauberkeit
Technische Sauberkeit am Fraunhofer IGCV: Unsere Kompetenzen
© Fraunhofer IGCV
Technische Sauberkeit am Fraunhofer IGCV: Unsere Kompetenzen

Anwendungsfelder

  • Reinigen bedeutet nach DIN 8592 das Entfernen unerwünschter Stoffe (Verunreinigungen) von der Oberfläche von Werkstücken bis zu einem erforderlichen, vereinbarten oder möglichen Grad. Die technische Sauberkeit wird dabei vom Endnutzen oder vom Folgeprozess bestimmt.

    Um Bauteile zu reinigen, verwendet das Fraunhofer IGCV in Abhängigkeit der Sauberkeitsanforderungen verschiedene Verfahren. Dabei werden zahlreiche Reinigungsanalgen im Haus genutzt, wie beispielsweise eine Ultraschallreinigungsanlage, Strahlanlage, CO2-Schneestrahlenanlage, Niederdruckplasmareinigung oder Pinselwaschtische. Sollten wir dennoch eine Anlage benötigen, welche nicht in unserem Bestand vorhanden ist, so können wir auf ein großes Partnernetzwerk zurückgreifen. So ist es uns möglich, anwendungsspezifische Lösungen zu konzipieren.

    Produktionsbedingte Verschmutzungen werden somit effizient minimiert, um einen erfolgreichen Folgeprozess durchführen zu können. Beispiele für solche Verschmutzungen sind Öl-Rückstände, die den nachfolgenden Schweißvorgang beeinträchtigen, oder Öl-Fett-Rückstände, die die nachfolgende Lackierung beeinflussen.

    Als Beispiel für die allgemeine Bauteilreinigung dient das Projekt Ultrarein.

  • Im Bereich der additiven Fertigung befassen wir uns überwiegend mit den Verfahren Laser-Strahlschmelzen (Laser-based Powder Bed Fusion, kurz LPBF) und Kaltgasspritzen (DED Verfahren). Als Werkstoff werden ausschließlich Metalle und keine Kunststoffe verwendet. Darüber hinaus gehen wir intensiv auf die Multimaterialverarbeitung ein.

    Die große Herausforderung ist dabei, dass der Werkstoff auch die Verschmutzung darstellt. Bei der additiven Fertigung verschmelzen die Werkstoffpartikel mit der Oberfläche. Dabei kann es am Ende des Fertigungsprozesses vorkommen, dass sich nicht alle Partikel (vollkommen) mit dem Werkstück verbunden haben. Diese können sich lösen und stellen somit eine Verschmutzung in den weiteren Produktionsschritten dar. Eine weitere Herausforderung birgt die Bauart der meisten Bauteile. Viele sind sehr komplex gebaut, sodass die Reinigungsmechanismen nicht alle Flächen innerhalb des Werkstücks erreichen können. Die aktuellen Reinigungstechnologien stoßen bereits hier an ihre Grenzen.

    Unser Ziel ist deshalb, mit unserer Forschung diese Strukturen zu analysieren, um optimale Reinigungsverfahren zu erarbeiten. Dafür entwickeln wir Analysemethoden, die überprüfen, ob der gewünschte Reinigungszustand erreicht wurde. So wird sichergestellt, dass der Pulverwerkstoff später die Nutzung nicht gefährdet, Schäden am Bauteil entstehen oder sogar gesundheitliche Risiken für Mitarbeitende und Kunden auftreten. Darüber hinaus werden so Ressourcen geschont, Geld wird gespart und Ausschüsse werden verringert.  

    Weiterhin nutzen wir Technologien aus dem Umfeld der zerstörungsfreien Prüfung, um die Qualität des Bauteils bereits während des Prozesses überwachen zu können. Dadurch wird es möglich, fehlerhafte Bauteile direkt zu erkennen und frühzeitig aus dem Prozess zu schleusen.

  • Wir beschäftigen uns im Bereich der Batterieproduktion mit verschiedenen Reinigungsverfahren und der Qualitätsprüfung von Lithium-Ionen-Batteriezellen. Dabei untersuchen wir sowohl die Elektrodenoberflächen als auch die Batterieseparatoren.

    Partikuläre Verunreinigungen auf der Elektrodenoberfläche von Lithium-Ionen-Batteriezellen lassen sich mittels aktiver Thermografie erkennen. Fertigungsbedingte Kontaminationen müssen zielgerichtet, effizient und beschädigungsfrei von den Batterieseparatoren entfernt werden. Die Detektion der Verunreinigungen geschieht durch verschiedene optische Prüfverfahren. Diese Verfahren werden ständig evaluiert und weiterentwickelt, um die Qualität in der Batteriefertigung zu sichern.

    Informationen zur Forschungsfertigung Batteriezelle  

  • Die Verbindungstechnik beschreibt die konstruktiven Methoden des Zusammenbaus von technischen Gebilden aus ihren Einzelteilen. Dabei können Verbindungen lösbar, nicht lösbar oder bedingt lösbar sein. Verbindungstechniken können nach physikalischen Wirkprinzipien eingeteilt werden: formschlüssig, kraftschlüssig und stoffschlüssig.

    Der Fokus unserer Arbeit liegt hier besonders auf der Vorbereitung von verschiedenen Oberflächen zum Löten, Schweißen und Kleben. Dabei müssen die Flächen zwingend frei von Verunreinigungen, wie beispielsweise durch Öle und Fette, sein. Ansonsten kann es passieren, dass sich die Schweißnähte nicht richtig ausbilden oder der Kleber nicht richtig wirkt. Dies hat zur Folge, dass der weitere Verarbeitungsprozess möglicherweise nicht erfolgreich durchgeführt werden kann.

  • Unter dem Begriff Oberflächentechnik versteht man allgemein alle Technologien, die Oberflächeneigenschaften verändern können. Dabei muss die Oberfläche der Bauteile entsprechend dem Nachfolgeprozess angepasst werden.

    Je nach Anforderungsprofil kann die Oberfläche auch noch viele weitere Funktionen erfüllen. In unserem Forschungsbereich sind beispielsweise eine gute Korrosionsbeständigkeit, Benetzbarkeit oder Lackierbarkeit wichtig.

  • Als Refabrikation (engl.: remanufacturing) wird der industrielle Prozess der Aufarbeitung gebrauchter Produkte bezeichnet. Dabei werden Lösungen erarbeitet, um beispielsweise Kraftfahrzeuge und Nutzfahrzeuge kostengünstig und ressourcenschonend mit Ersatzteilen höchster definierter Sauberkeitsgrade und ursprünglicher Funktion zu versorgen. Die dabei zur Verfügung gestellte Produktleistung soll gleichwertig einer äquivalenten Neufertigung sein.

    Trotz der vielfältigen etablierten Anwendungsfelder bestehen bei der Refabrikation Optimierungspotenziale hinsichtlich Kosten und Qualität. Ursache dafür sind oftmals kleinste Verunreinigungen, welche zu einer Beeinträchtigung der Produktqualität bis hin zu Systemausfällen führen können. Beispielhaft kann hier ein Motorschaden als Ergebnis unzureichender technischer Sauberkeit eines Zylinderkopfs genannt werden. Beispiele und Analysen zeigen, dass durch die Refabrikation von Altteilen im Einzelfall bis zu 80 Prozent der Herstellungskosten eingespart und die Materialverbräuche bis zu knapp 90 Prozent reduziert werden können.

    Typische Produktsegmente der Refabrikation sind mechanische, mechatronische und elektronische Kfz- und Lkw-Teile bzw. Baugruppen, wie z. B. Anlasser, Lichtmaschinen, Motoren, Getriebe und Bremssättel.

    Weitere Informationen zur Auslegung von Reinigungsprozessketten in der Refabrikation bietet unser Projekt ASPIRE

    Balkendiagramm: Einsparpotenziale durch Refabrikation (Technische Sauberkeit)
    © Darstellung: Fraunhofer IGCV
    Balkendiagramm: Einsparpotenziale durch Refabrikation (Technische Sauberkeit)

Ziel unserer Arbeit

Durch die Integration der Technischen Sauberkeit in den Produktionsprozess kann die gewünschte bzw. geforderte Produktqualität erreicht werden.

Mit unserer Arbeit bringen wir die Digitalisierung und die Integration von Künstlicher Intelligenz und Maschinellem Lernen in die Reinigungsprozessketten ein. Mit einer anforderungsgerechten Auslegung der Teilprozessschritte kann eine effizientere Reinigungsprozesskette erreicht werden. Somit werden nicht nur Kosten und Ressourcen eingespart, sondern gleichzeitig auch die Qualität gesteigert.

Ganzheitliche Betrachtung von Prozessketten im Bereich der technischen Sauberkeit
© Fraunhofer IGCV
Ganzheitliche Betrachtung von Prozessketten im Bereich der technischen Sauberkeit

Referenzprojekte

 

ASPIRE

Auslegung von Reinigungsprozessketten in der Refabrikation zur Optimierung gebrauchter Bauteile bis zum Qualitätsstandard eines Neuprodukts.

 

MULTIREIN

Untersuchung ausgewählter Anwendungsfälle aus der Gesamtprozesskette der Additiven Fertigung zur Analyse von Reinigungs- und Detektionsmethoden auf deren Eignung für spezifische Einsatzgebiete.

 

POLYLINE

Entwicklung durchsatzstarker Linienproduktionssysteme in der Additiven Fertigung für eine durchgängige Digitalisierung von Prozessketten.

 

MULTISURV

Analyse verschiedener Methoden der Prozessüberwachung hinsichtlich ihrer Anwendbarkeit im Kontext der mechatronischen Multimaterialverarbeitung.

 

ULTRAREIN

Entwicklung eines Multisensor-Systems zur Überwachung der Ultraschallwirkungskette, um Reinigungseffizienz zu steigern und Energie sowie Kosten zu sparen.  

 

Forschungsfertigung Batteriezelle (FFB)

Innovative Produktionsprozesse für die Batterieforschung mittels Flexibilisierung, Modularisierung und nachhaltigem Ressourceneinsatz.

Weitere Projekte

Hier finden Sie einen Überblick zu verschiedenen Referenzprojekten am Fraunhofer IGCV.

Zusammenarbeit

Sie sind interessiert an einer Zusammenarbeit mit uns? Gerne finden wir eine individuelle Lösung für Sie.

 

Kontakt

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