Entwicklung und Evaluierung eines kostengünstigen Inline-Messsystems für pultrudierte Profile

Fehlende günstige Inline-Messsysteme

Für kontinuierliche Produktionsverfahren wie die Extrusion (unverstärkte Kunststoffe), Pultrusion (faserverstärkte Kunststoffe) oder Strangpressen stehen derzeit keine kostengünstigen und integrierten Inline-Messsysteme zur Überwachung der Profilgeometrie und Oberfläche zur Verfügung. Ein objektives Messsystem würde den Produktionsausschuss verringern und die datengetriebene Prozessentwicklung ermöglichen. Besonders die Inbetriebnahme neuer Profilgeometrien ist mit zeitlicher und finanzieller Unsicherheit behaftet, da Erfahrungswerte bislang nur subjektiv vorliegen. Ohne eine ortsaufgelöste Bauteilüberwachung können dokumentationsintensive Industrien nur eingeschränkt beliefert werden. Die mangelnde Integration von messtechnischer Hard- und Software in Produktionsanlagen (Closed-Loop-Prinzip) erschwert kleinen und mittleren Unternehmen (KMU) die Nutzung kontinuierlicher Produktionsverfahren, da eine kosten- und materialeffiziente Einrichtung und Betrieb nicht möglich sind.

In PulLoop soll ein optisches Messsystem entwickelt werden, das deutlich kostengünstiger als bisherige Messsysteme ist. Ergänzend dazu wird eine modulare, KI-basierte Auswertungssoftware geschaffen, die ein schnelles Anlernen ermöglicht und somit den Einsatz in Produktionsumgebungen unterstützt. Zudem wird ein Closed-Loop-Ansatz konzipiert, der erst durch das neue Messsystem realisierbar wird.

 

Günstige Messtechnik dank Skalierungsansatz

Während bestehende Lösungen auf teure Messtechnik setzen, die sich auf Grund der hohen Investitionskosten nur für wenige KMU wirtschaftlich rechnen, verfolgt PulLoop den Skalierungsansatz. Die notwendige Messtechnik ist vergleichsweise günstig (<3000 €) und wird durch eine smarte Softwarelösung ausgewertet. Somit bleiben die Investitionskosten für jedes einzelne Unternehmen niedrig und die Entwicklungskosten für die Software können auf alle Unternehmen runterskaliert werden.

Herausforderungen bei der Datenauswertung

Herausforderung hierbei ist, dass trotz der vergleichsweise günstigen Sensorik weiterhin der erforderliche Informationsgehalt extrahiert werden kann. Insbesondere besteht die Herausforderung in der schnellen und robusten Auswertung von dem Messsystem unbekannten Geometrien und Fehlern. Dabei sollen technologische Ansätze der statistischen, KI-basierten Analysetechnologien erweitert werden. Der Fokus liegt einerseits auf der Entwicklung von Algorithmen zur Entrauschung und Bildoptimierung, die zu einer Steigerung der Robustheit bei der Datenauswertung führen. Die dazu erstellte Auswerteroutine ist in Abbildung 1 zu erkennen.

Schaubild 1 zur Auswerteroutine
© Fraunhofer IWS
Schaubild 1 zur Auswerteroutine

Modulare Teachingtools für vielseitige Anwendungen

Grafik Modellansicht PulLoop
© Fraunhofer IGCV
Grafik Modellansicht PulLoop

Andererseits werden neue Teachingtools entwickelt, die eine schnelle Anpassung der Messtechnik in neuen Anwendungsfeldern (neue Materialien, neue Fehlerbilder, wechselnde Oberflächeneigenschaften) ermöglichen. Die angestrebte Modularität der Messtechnik in Soft- und Hardware soll den Einsatz in sehr unterschiedlichen Anwendungsszenarien und die Skalierung der Anzahl möglicher Messstellen zu Sensornetzen erhöhen. Durch die Kombination der am IWS entwickelten messtechnischen Lösungen mit dem Prozess-Knowhow am IGCV entsteht eine einzigartige Möglichkeit zur Verschmelzung der beiden Technologien zu einem digitalen Fertigungsprozess. Die neuen Technologien werden die Basis für die spätere Anbindung weiterer Sensorsysteme durch sogenannte Sensorfusion und die Feedback-Regelung zusätzlicher Fertigungsschritte (z. B. Laser-basierte Funktionalisierung von Oberflächen) genutzt. Damit können Kosten für den Einsatz moderner Produktionstechniken im Mittelstand und die Erhöhung der Fertigungseffizienz erreicht werden.

Prototypentest und Algorithmusevaluierung

Schaubild 2:  Messung vor Ort an der Pultrusionsanlage des IGCV
© Fraunhofer IGCV
Schaubild 2: Messung vor Ort an der Pultrusionsanlage des IGCV

Für den Testbetrieb an der Pultrusionsanlage wurde am IWS ein transportabler Prototyp des Messsystems aufgebaut und evaluiert, dessen Abmaße an die beiden am IGCV vorhandenen Pultrusionsanlagen (Pultrex) anpassbar sind (Abbildung 2).

Der Testaufbau diente der Evaluierung der Komponenten und Auswerteroutinen (Abbildung 1), insbesondere in Bezug auf die Geschwindigkeit der Profilextraktion mit verschiedenen Algorithmen. Untersucht wurden die Algorithmen Gauss-Fit, Kantenfilterung und Schwerpunktberechnung zur Extraktion der Laserlinie, wobei zwei Algorithmen auch Rückschlüsse auf die Streueigenschaften der Oberfläche ermöglichen. Die Laufzeitanalyse ergab, dass die Kantenfilterung der schnellste Ansatz ist und auch die Bewertung der Streueigenschaften der Oberfläche ermöglicht, weshalb sie der Schwerpunktberechnung vorgezogen wird.

Erfolgreiche Testreihen und Fehleranalyse

Es wurden diverse Testreihen an einem Flachprofil durchgeführt, wobei gezielt Fehlerbilder durch Veränderungen der Produktionsparameter sowie durch das Einbringen von Fremdfasern erzeugt wurden. Die Tests zeigten, dass sowohl Fehlerbilder, die die Streueigenschaften verändern, als auch Geometrieveränderungen, wie sie durch zusätzliche oberflächennahe Fremdfasern entstehen, mit den vom Messsystem erfassten Daten korrelieren. Ein Beispiel für Punktfehler durch Abrieb ist in Abbildung 3 dargestellt. Zudem wurde der Einfluss schwer simulierbarer Störfaktoren, wie Lageveränderungen des Profils beim Schließen der Puller, überprüft.

Schaubild 3: Extrahiertes Höhenprofil; extrahierte Streuinformation und Ausschnitt des Livebildes bei der Messung an der Pultrusionsanlage
© Fraunhofer IWS
Schaubild 3: Extrahiertes Höhenprofil; extrahierte Streuinformation und Ausschnitt des Livebildes bei der Messung an der Pultrusionsanlage

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