Fraunhofer IGCV beflügelt elektrisches Flugzeug „Alice“ in kürzester Zeit
Für das batterie-elektrische Passagierflugzeug „Alice“ holte sich das israelische Unternehmen Eviation die Experten des Fraunhofer-Instituts für Gießerei-, Composite- und Verarbeitungstechnik IGCV an Bord. Zusammen mit drei weiteren Partnern aus Asien und Deutschland entwickelte die Augsburger Forschungseinrichtung eine Leichtbau-Lösung in nur zehn Monaten.
Der Flügel ist eines der komplexesten Teile eines Flugzeugs. Er muss bei unterschiedlichen Geschwindigkeiten und Fluglagen den Auftrieb garantieren und dabei entstehende Querkräfte und Biegemomente aufnehmen. Die dafür nötigen Geometrien stellen Flugzeughersteller bei Design und Produktion vor große Herausforderungen. Für das batterie-elektrisch betriebene Passagierflugzeug „Alice“ holte sich das israelische Unternehmen Eviation deshalb die Experten des Fraunhofer-Instituts für Gießerei-, Composite- und Verarbeitungstechnik IGCV an Bord. Zusammen mit drei weiteren Partnern aus Asien und Deutschland entwickelte die Augsburger Forschungseinrichtung eine funktionierende Leichtbau-Lösung. Von der Idee bis zum Prototyp dauerte es nur zehn Monate.
„Unser Fokus am Fraunhofer IGCV liegt auf anwendungsorientierter Forschung zu intelligenten Leichtbauweisen und automatisierten Fertigungsverfahren, mit denen Hochleistungsfaserverbundstrukturen kosten- und energieeffizient produziert werden können“, sagt Steffen Geinitz, Projektleitung am Fraunhofer IGCV für das Vorhaben und Abteilungsleitung des Bereichs Online-Prozess-Monitoring. „Dieses Know-how machte uns zu einem optimalen Partner für die Auftraggeber und Partner aus Israel und Singapur – nicht nur für die Realisierung des Prototyps, sondern insbesondere auch im Hinblick auf eine spätere Serienfertigung.“
Von der Idee zum fertigen Flügel in zehn Monaten: Design und Umsetzung im Projekt „Alice“
Alice besteht zu einem Großteil aus Composite-Materialien. Für die Flügel wird CFK-Gewebe in unterschiedlichen Grammaturen eingesetzt. Eine der Herausforderungen bei deren Entwicklung: Das Flugzeugdesign sieht Druckpropeller mit einer Leistung von 300 PS vor, die sich an den Flügelspitzen und am Heck befinden. Dies bedeutet, dass bei der strukturellen Auslegung zusätzliche Anforderungen erfüllt werden mussten. Für das Projekt bündelte das Team des Fraunhofer IGCV die Kompetenzen aus verschiedenen Fachbereichen der Compositetechnik: Die Wissenschaftler ließen ihre jahrelange Erfahrung im Umgang mit CFK-Fertigungsverfahren in die Entwicklung des Alice-Flügels einfließen. Das Team entwickelte den Infusionsprozess und optimierte ihn für eine effizientere Produktion – alles in weniger als sechs Monaten. Zudem wurden am Fraunhofer IGCV zwei Querruder für das Mock-up und den Prototypen gefertigt, anhand dessen das Verfahren überprüft und validiert werden konnte. Insgesamt benötigten die Wissenschaftler nur zehn Monate, um die Leichtbau-Lösung für den Flügel zu entwickeln.
Der Fertigungsprozess: VAP-Infusionsverfahren mit Einlegen von Hand
Die tragenden Bauteile der 16,12 m langen Tragfläche – 30 mm dicke CFK-Holme – wurden in Vakuuminfusion (Vacuuum Assisted Process - VAP®) mit manuellem Einlegen gefertigt. Anders als etwa bei dem im Tapelegeprozess und mit Autoklavaushärtung gefertigten A350 ist bei der Produktion von Kleinserien oder Prototypen das Vakuuminfusionsverfahren geeigneter. Zudem sah das Team den Erfolg mit einem anderen Infusionsprozess als kritisch. Der manuelle Prozess wurde gewählt, da eine Automatisierung für den gesetzten Zeitrahmen zu aufwendig gewesen wäre. Dank des VAP®-Infusionsverfahrens konnten Luft- und Gaseinschlüsse zuverlässig und effizient entfernt werden, wodurch sich Porositätswerte unter 0,3% und Faservolumengehalte mit einer Genauigkeit von bis zu 1% erreichen ließen. Zudem wurde damit die geforderte Qualität erzielt, die sonst nur durch einen teuren Autoklav- und Tapelegeprozess möglich gewesen wäre. Gefertigt wurden die Bauteile direkt vor Ort in den Werkshallen des Fraunhofer IGCV sowie bei dem Projektpartner in Singapur.
Dieses Projekt wurde realisiert in Zusammenarbeit mit:
- Eviation
- Composite Cluster Singapore
- Kasaero
- Admiralty
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