Compositetechnik

Building a Sustainable Future

Was sind Composites?

Composites sind Verbundwerkstoffe, die durch die Kombination von zwei oder mehr Materialien entstehen. Sie bestehen in der Regel aus einer Matrix, die als Trägermaterial dient und Verstärkungsfasern, die dem Werkstoff Festigkeit und Steifigkeit verleihen. Die Matrix kann aus verschiedenen Harzen, Polymeren, aber auch aus Silikaten oder Keramik  bestehen, während als Verstärkungselemente häufig Glas-, Kohlenstoff- oder Aramidfasern eingesetzt werden. Durch die Kombination unterschiedlicher Materialien kann die Leistungsfähigkeit von Produkten verbessert, eine Gewichtsreduktion erreicht und gleichzeitig die gewünschten mechanischen, thermischen oder chemischen Eigenschaften gewährleistet werden. Im Hinblick auf den Anwendungskontext finden sich Composite unter anderem in der Luft- und Raumfahrt, der Automobilindustrie, dem Bauwesen, der Elektronik und der Medizintechnik wieder.

Nutzen und Bedeutung von Composites

Die Vorteile von Composite-Materialien sind vielfältig und machen sie zu einer attraktiven Wahl für zahlreiche Anwendungen in verschiedenen Industriezweigen. Folgende Vorteile resultieren aus der Nutzung von Verbundwerkstoffen:

Leichtbau und Energieeffizienz: Durch den Einsatz von Composites in Fahrzeugen, Flugzeugen, Schiffen und anderen Transportmitteln kann das Gesamtgewicht reduziert werden. Dadurch werden Energieverbrauch und Treibhausgasemissionen verringert.

Fortschrittliche Konstruktionen: Composites ermöglichen die Gestaltung und Herstellung komplexer Formen und Strukturen, die mit herkömmlichen Materialien wie Metall nicht möglich wären. Dies führt zu innovativen Designs, besseren Leistungen und optimierter Funktionalität in verschiedenen Bereichen wie im Maschinenbau und der Luftfahrt.

Korrosionsbeständigkeit: Composites sind unempfindlich gegenüber Korrosion und chemischen Einflüssen. Im Vergleich zu traditionellen Materialien wie Stahl oder Aluminium benötigen sie weniger Wartung und haben eine längere Lebensdauer, was zu Kosteneinsparungen führt.

Nachhaltigkeit: Composites bieten die Möglichkeit, nachhaltigere Produkte zu entwickeln. Durch Gewichtsreduktion in Fahrzeugen und Flugzeugen kann der Kraftstoffverbrauch gesenkt und der CO2-Ausstoß verringert werden. Darüber hinaus lassen sich Composites auch recyceln und wiederverwenden.

Verbesserte Leistung und Sicherheit: Composites bieten außergewöhnliche Festigkeit und Steifigkeit. Dies macht sie ideal für Anwendungen, bei denen erhöhte Festigkeit und verbesserte Sicherheit erforderlich sind, wie beispielsweise Crashelemente im Fahrzeugbau.

Zur Herstellung von Composites existieren verschiedene Fertigungstechnologien

Von traditionellen Laminierverfahren über klassische Injektions- oder Pultrusionsverfahren bis zu automatisierten Tape-Legeverfahren Automated Fiber Placement (AFP), Automated Tape Laying (ATL) und Fiber Patch Placement (FPP), gibt es zahlreiche Optionen, um den Anforderungen verschiedener Branchen gerecht zu werden. Die Auswahl der geeigneten Fertigungstechnologie spielt eine entscheidende Rolle bei der Realisierung von Composite-Materialien mit den gewünschten Eigenschaften und der Erfüllung spezifischer Anwendungsanforderungen.

Beim Handlaminieren werden mehrere Lagen von Faserverstärkungen mit Harz getränkt und übereinander drapiert. Anschließend erfolgt ein Vakuumaufbau, durch den überschüssiges Harz ausgetragen wird und der die Formstabilität während des Aushärtens garantiert. Danach erfolgt die Aushärtung unter Unterdruck und Hitze in einem Ofen. Alternativ kann auch Prepreg verwendet werden. Hierbei handelt es sich um ein vorimprägniertes Faserhalbzeug, das ein manuelles Einstreichen mit dem Matrixmaterial überflüssig macht. Aber auch in diesem Fall ist ein Vakuumaufbau für das Aushärten in einem Autoklaven oder Ofen (bei Out-of-Autoclave Prepreg) notwendig.

Injektions- oder auch Infiltrationsverfahren setzen auf die Verwendung trockener Halbzeuge aus denen komplexe Preforms gefertigt werden. Die Preforms werden anschließend in geschlossene Werkzeuge eingelegt und mit Harz injiziert (z. B. Resin Transfer Moulding). Alternativ werden die Preforms in einen Vakuumsack eingepackt und mit einem Infiltrationsaufbau verbunden. Dabei wird über Schläuche, die mit einer Vakuumpumpe verbunden sind, ein Unterdurck aufgebaut, über den das flüssige Harz über eine Zuleitung in die Preform gesaugt wird, bis diese gefüllt ist. Typische Vertreter sind das Vacuum Assisted Resin Infusion Verfahren (VARI) oder der membranunterstützte Vacuum Assisted Process (VAP®).

Neben diesen Verfahren liegen die Schwerpunkte des Fraunhofer IGCV vor allem in der Pultrusion, dem Automated Fiber Placement, dem Automated Tape Laying und dem Fiber Patch Placement.

Die Fertigungstechnologie der Pultrusion ist ein kontinuierliches Verfahren zur Herstellung von faserverstärkten Kunststoffprofilen. Dabei werden Fasern durch ein Harzbad und anschließend durch ein beheiztes Formwerkzeug gezogen und zu Profilen in einem kontinuierlichen Prozess ausgehärtet.

Das Automated Fiber Placement (AFP) ist ein robotergestütztes Verfahren, bei dem Tows (schmale definiert zugeschnittene Faserhalbzeuge) in unterschiedlicher Ausprägung (Towpreg, Prepreg, trockene oder Tows mit thermoplastischer Matrix) verwendet werden. Der Roboter legt die Tows gezielt auf einem Legewerkzeug ab, wobei die Tows über eine Rolle, welche am Roboterkopf befestigt ist, auf das Ablegewerkzeug angedrückt werden. Dies ermöglicht die Fertigung von komplexen und endkontournahmen Preforms, die anschließend je nach Material noch im Autoklaven ausgehärtet, in der Presse konsolidiert oder mit Harz injiziiert und ausgehärtet werden müssen.
Ähnlich zu diesem Verfahren ist das Automated Tape Laying (ATL), das breitere Tapes anstatt Tows verwendet. Hiermit lassen sich auf Kosten geringerer Komplexität höhere Legeraten realisieren. Beim Fiber Patch Placement (FPP) werden statt Rollenmaterial nur sogenannte Patches verwendet. Diese sind in ihrer Länge auf den Greifer am Legekopf der Fiber Patch Placement Anlage beschränkt, ermöglichen aber die Fertigung sehr komplexer Preforms, die mit den vorherigen Anlagen nicht realisiert werden können.

Fertigungstechnologien am Fraunhofer IGCV

 

Pultrusion

Die Pultrusion, auch Strangziehverfahren genannt, ist ein hocheffizientes Verfahren zur Herstellung von faserverstärkten Kunststoffprofilen.

 

CFT

Für die automatisierte Herstellung von endkonturnahen Preforms mittels Continuous Fiber Tailoring (CFT) werden Rovings von einem Gatter abgezogen und auf eine homogene Breite gespreizt.

 

Fiber Placement und Composite Molding

Beim Fiber Placement werden endlosfaserverstärkte Tapes automatisch auf einem Werkstück platziert, um komplexe Bauteile mit hoher Festigkeit herzustellen.

 

Nassvliestechnologie

Unsere Nassvlies Pilotanlage bietet die Möglichkeit zur Verarbeitung diskontinuierlicher Stapelfasern in homogene Vliesstoff-Rollenware.

Die Vielfalt der Fertigungstechnologien im Bereich der Composite-Technologien resultiert aus den unterschiedlichen Anforderungen und Erfordernissen verschiedener Branchen und Anwendungen. Spezifische Anwendsfälle aus Luft- und Raumfahrt unterscheiden sich beispielsweise maßgeblich von den Stückzahlszenarien im Automobilbereich. Verschiedene Composite-Materialien erfordern unterschiedliche Fertigungsverfahren, um spezifische Eigenschaften wie Festigkeit, Steifigkeit und Designfreiheit zu erzielen. Die Auswahl der Technologie ermöglicht die effiziente Verarbeitung von Materialkombinationen und komplexe Formgebung. Zudem spielen die Automatisierung und Effizienz der Verfahren sowie Kostenaspekte und die Skalierbarkeit eine Rolle bei der Wahl der Fertigungstechnologie.

Hier setzt die Forschungs- und Entwicklungsarbeit des Fraunhofer IGCV an. Wir entwickeln innovative Lösungen für die Herstellung und Verarbeitung von Composite-Materialien und arbeiten dabei eng mit Industrieunternehmen zusammen, um deren Anforderungen zu verstehen und maßgeschneiderte Lösungen anzubieten. Die Wissenschaflter:innen des Fraunhofer IGCV bieten ein breites Spektrum an Expertise und unterstützenden Aktivitäten bei der Auswahl und Implementierung geeigneter Fertigungstechnologien. Sie entwickeln neue Verfahren und Prozesse, um die Effizienz, Qualität und Produktivität in der Composite-Fertigung zu verbessern. Ein Schwerpunkt liegt dabei auf der Entwicklung effizienter Prozessketten, die den gesamten Herstellungsprozess eines Composite-Bauteils abdecken und die einzelnen Schritte nahtlos miteinander verbinden. Zudem forscht das Institut intensiv an der Automatisierung von Fertigungsprozessen, um die Produktivität zu steigern, die Prozesssicherheit zu verbessern und die Abhängigkeit von manueller Arbeit zu reduzieren. Ein weiterer Schwerpunkt liegt auf der Ver- und Bearbeitung von Composite-Materialien, wobei das Fraunhofer IGCV innovative Werkzeuge, Prozesse und Strategien entwickelt, um Präzision, Effizienz und Qualität zu verbessern. 

Das Fraunhofer IGCV mit seinen hochmodernen Forschungsinfrastrukturen, hat sich das Ziel gesetzt, führend in der Erforschung und Entwicklung von Composite-Materialien und Recyclinglösungen zu sein. Unsere Labore und Anlagen ermöglichen es uns, Prozesse zu entwickeln, Prototypen herzustellen und die Eigenschaften von Composite-Materialien zu charakterisieren.

Unser ganzheitlicher Ansatz am Fraunhofer IGCV ermöglicht es uns, die gesamte Wertschöpfungskette von Composite-Materialien abzudecken, mit dem Ziel, unsere Kunden von der Idee über die Prototypenfertigung bis zur Serienreife zu begleiten.  

Im Rahmen der Herstellung von Composites spielen zahlreiche Parameter, wie z. B. Materialauswahl und Materialeigenschaften eine Rolle. Themen wie Prüftechnik, die Analyse relevanter Daten (Effizienz und Bilanzierung) sowie Studien zur Fertigungs- und Produktionsplanung sind daher ebenso ein zentraler Bestandteil unserer Forschungsarbeit im Bereich Composites.

Im Bereich Effizienz und Bilanzierung von Composite-Materialien wird daran gearbeitet, eine ökobilanzielle Bewertung von Hochleistungs-Faserverbundstrukturen zu ermöglichen. Dabei werden Modelle entwickelt, um den energie- und zeitabhängigen Bedarf für die Herstellung von Bauteilen abzuschätzen. Die ökologische und ökonomische Bewertung verschiedener Fertigungsprozessketten dient dazu, nachhaltige und wirtschaftlich sinnvolle Lösungen zu finden.

Insgesamt konzentriert sich die Forschung im Bereich Composites darauf, die Eigenschaften und Prozesse dieser vielseitigen Materialien weiter zu optimieren, um ihre Anwendbarkeit in diversen Industriezweigen zu erweitern. Dazu betreiben wir modernste Forschungsinfrastrukturen, darunter Labore und Anlagen zur Prozesssimulation, Prototypenfertigung und Charakterisierung von Composite-Materialien – ein wichtiger Beitrag zum Testen und Optimieren der Fertigungstechnologien.

Eine Darstellung des Recyclingprozesses von Composites mit verschiedenen recycelten rCF-Fasern
© vegefox.com - stock.adobe.com
Eine Darstellung des Recyclingprozesses von Composites mit verschiedenen recycelten rCF-Fasern

Unsere Expert:innen arbeiten intensiv daran, innovative Recyclingverfahren für Composite-Materialien zu erforschen und weiterzuentwickeln. Unser Ziel ist es, den Lebenszyklus von Composite-Materialien zu verlängern und ihre Umweltauswirkungen zu reduzieren. In diesem Zusammenhang spielt das Thema Circular Economy eine wichtige Rolle. Denn durch das Recycling von Composite-Materialien kann ein geschlossener Kreislauf geschaffen werden, in dem Abfälle zu neuen Rohstoffen und Produkten werden. Dies fördert die Nachhaltigkeit und trägt zu einer ressourcenschonenden Wirtschaft bei:

  • Effiziente, hochwertige Separation von Fasern und Matrix ohne Materialdegradation
  • Einzelfasercharakterisierung
  • Faseraufbereitung, Oberflächenfunktionalisierung und Neubeschichtung
  • Textile Halbzeuge aus Sekundärfasern
  • Debond on Demand
  • Design to Recycling

Mehr Info zum Composite Recycling | Kontakt: Jakob Wölling

Sicherheit und Kontrolle im Bereich Compositetechnik

Das Fraunhofer IGCV betreibt modernste Forschungsinfrastrukturen, darunter Labore und Anlagen zur Prozesssimulation, Prototypenfertigung und Charakterisierung von Composite-Materialien – ein wichtiger Beitrag zum Testen und Optimieren der Fertigungstechnologien. Schließlich widmet sich das Fraunhofer IGCV der Entwicklung von Oberflächenbehandlungen für Composite-Bauteile, um die Haftung von Beschichtungen zu verbessern, Korrosionsschutz zu bieten und ästhetische Anforderungen zu erfüllen:

 

Prüftechnik

  • Wissenschaftliche Analyse material- und prozessspezifischer Eigenschaften
  • Optimierte Performance unter anwendungsspezifischen Randbedingungen
  • Entwicklung von Prüf- und Analysemethoden
 

Effizienz und Bilanzierung

  • Entwicklung und Etablierung einer Composite-Datenbank zur ökobilanziellen Bewertung von Hochleistungs-Faserverbundstrukturen
  • Entwicklung von Modellen zur Abschätzung des bauteilabhängigen Energiebedarfs und der Fertigungszeiten
  • Ökologische und ökonomische Bewertung unterschiedlicher Fertigungsprozessketten

Mehr Info

Weitere
Referenzprojekte

Hier finden Sie alle veröffentlichten Referenzprojekte des Fraunhofer IGCV

Kompetenzen und Leitthemen

Hier erfahren Sie mehr über unsere Kompetenzen und Leitthemen.