Continuous Fiber Tailoring (CFT)

Continuous Fiber Tailoring am Fraunhofer IGCV

Carbonfaserverstärkte Kunststoffe (CFK) besitzen ein hervorragendes Leichtbaupotenzial. In der Automobilindustrie ist aufgrund der damit einhergehenden Kraftstoffeinsparung bzw. Erhöhung der Reichweite (E-Mobilität) und Steigerung der Fahragilität ein stetiges Wachstum beim Einsatz dieser Materialien für Strukturbauteile zu erwarten. Die Herstellung ist jedoch sehr kostenintensiv, da die Produktion je nach Bauteil und Fertigungsverfahren, mit einem hohen Anteil an Materialverschnitt oder mit der Nutzung von sehr kostenintensiven Faserhalbzeugen verbunden ist.

Ein weiterer limitierender Faktor ist die begrenzte Automatisierung der Fertigungsprozesse. Insbesondere für Preform-LCM-Verfahren, die in der Automobilindustrie besonders stark eingesetzt werden, ist das Preforming oftmals mit einem hohen Arbeitsaufwand verbunden, da das jeweilige Ausgangsmaterial zunächst zugeschnitten, orientiert und gestapelt werden muss. Als Preform wird die endkonturnahe, dreidimensionale und trockene Verstärkungsstruktur bezeichnet, die anschließend in einem Infiltrationsverfahren durchtränkt wird. Beim Preforming können bis zu 50% der Bauteilkosten verursacht werden, wodurch dieser Prozessschritt ein großes Potenzial zur Prozesseffizienzsteigerung sowie zur Reduzierung der Gesamtbauteilkosten bietet. Aus diesem Grund wurde am Fraunhofer IGCV das Continuous Fiber Tailoring Verfahren entwickelt, welches die kostengünstige und hochautomatisierbare Herstellung endkonturnaher Preforms für den hochvolumigen Einsatz von CFK-Strukturen ermöglicht.

 

Die Technologie hinter dem Continuous Fiber Tailoring

Für die kostengünstige und automatisierte Herstellung von endkonturnahen Preforms mittels des Continuous Fiber Tailoring werden zunächst eine der Bauteilgröße angepasste Anzahl an parallel verlaufenden Rovings von einem Gatter abgezogen und auf eine homogene Breite mit definiertem Flächengewicht gespreizt. Ein speziell entwickeltes Förder- und Schneidsystem führt die gespreizten Fasern individuell mit hoher Geschwindigkeit einem kontinuierlich laufenden Förderband zu. Das Fördern und Schneiden erfolgt entsprechend der zweidimensional abgewickelten Geometrie des herzustellenden Bauteils (inklusive möglicher Aussparungen) sowie der vorgesehenen Faserorientierung als unidirektionale (UD-) Lagen. Auf dem Förderband folgt das Aufbringen und Aktivieren eines Bindermaterials, wodurch die einzelnen Rovings in ihrer Position zueinander fixiert werden. Vom laufenden Förderband können die hergestellten binderfixierten UD-Lagen anschließend mit einem Pick and Place Prozess absortiert, dem Lagenaufbau entsprechend durch Rotation gestapelt und dreidimensional umgeformt werden.

Schematische Darstellung des CFT-Anlagenkonzepts
© Fraunhofer IGCV
Schematische Darstellung des CFT-Anlagenkonzepts

Stand der Forschung

Im Rahmen des vom BMBF öffentlich geförderten Projektes HErzSchLag (Förderkennzeichen: 03VP00770) konnte eine Pilotanlage im Labormaßstab zur Validierung des Anlagenkonzepts aufgebaut und der Technologie-Reifegrad (TRL) 4 erreicht werden. Dieser zeichnet sich durch folgende Merkmale aus:

  • Automatische Generierung der Maschinendaten aus zweidimensionalen CAD-Daten
  • Automatisierte Herstellung der Einzellagen entsprechend der implementierten Maschinendaten
  • Beliebige Legemuster in Abhängigkeit der gewünschten Faserorientierung
  • Inline-Bebinderung und Aktivierung zur Fixierung der Einzellagen
  • Maximale Legebreite von 600 mm sowie die simultane Verarbeitung von bis zu 30 Rovings
  • Prozessgeschwindigkeit von bis zu 0,2 m/s für die Lagenproduktion

Des Weiteren wurden umfangreiche material- und prozesstechnische Untersuchungen zum Vergleich des neuartigen CFT-Halbzeugs zu einem konventionellem UD-Gelege auf Laborebene durchgeführt. Dabei konnte ein ähnliches Formgebungsverhalten sowie ein verbessertes Tränkungsverhalten im RTM-Prozess festgestellt werden. Zusätzlich wurde anhand von Zugprüfungen eine um fast 25% erhöhte Zugfestigkeit gegenüber einem vergleichbaren konventionellem Material und anhand von ILSS-Versuchen eine um über 15% erhöhte interlaminare Scherfestigkeit ermittelt.

Die umgesetzte Pilotanlage wird kontinuierlich in Bezug auf die Prozessstabilität, die erreichten Prozessparameter sowie Qualitätsaspekte hin optimiert. In weiteren Projekten soll der Anwendungsbereich der Anlage in Zusammenarbeit mit Industriepartnern erweitert und spezifiziert werden.

 

Continuous Fiber Tailoring (CFT): Forschungsprojekt HErzSchLag

  • In einem ersten Schritt werden entsprechend der gewünschten Bauteilgeometrie sowie der gewünschten Faserorientierungen die Maschinendaten automatisiert generiert. Diese werden anschließend in die Anlagensteuerung eingespeist, sodass die einzelnen Lagen vom Förder- und Schneidsystem der Anlage automatisiert hergestellt werden können. Bei der Auslegung der Lagen können Aussparungen eingebracht werden, um den Nachbearbeitungsaufwand und den entstehenden Materialverschnitt zu minimieren.

  • Anschließend werden die Einzellagen des Bauteils hergestellt. Dabei können mit der Anlage verschiedenartige Fasertypen sowie unterschiedliche Bindersysteme verarbeitet werden. Dadurch ist es möglich in Anlehnung  an die jeweiligen Kundenwünsche individuelle Halbzeuge herzustellen. Die maximale Breite einer Einzellage ist zum aktuellen Stand der Anlage auf 600 mm beschränkt. Die minimale Länge eines Rovingabschnitts beträgt 90 mm.

  • Der Stapelprozess ist zum jetzigen Stand noch nicht automatisiert und wird daher noch manuell vorgenommen.

  • Für das Preforming steht eine beheizbare Formpresse mit einer maximalen Pressfläche von 860mm x 600mm und einer maximalen Presskraft von 1370 kN zur Verfügung. Alternativ kann die Preformherstellung manuell stattfinden.

  • Die hergestellten Preforms können abschließend mittels RTM- oder Vakuuminfusionsverfahren getränkt werden. Für das RTM-Verfahren wird die beheizbare Formpresse sowie eine Misch- und Dosieranlage verwendet. Damit kann die Injektion im Niederdruckbereich bis maximal 20bar vorgenommen werden. Alternativ kann die Preform im VAP- oder VARI-Verfahren getränkt werden. Als Matrix für die Tränkung stehen dabei, je nach gewünschten Anforderungen, unterschiedlichste Harzsysteme zur Verfügung.

  • Für die Charakterisierung der Material- bzw. Bauteileigenschaften stehen umfangreiche Mess- und Prüfinstrumente am Fraunhofer IGCV zur Verfügung. Durch die vorhandene Ausstattung sowie das breite Know-How im Bereich der Prüfung von FVK ist es uns möglich eine große Auswahl an Material- und Bauteilparameter zu analysieren.

    Ausstattung im Bereich Mess- und Prüftechnik

  • Für die Beurteilung der Wirtschaftlichkeit, der Nachhaltigkeit sowie der Energieeffizienz ist am Fraunhofer IGCV sowohl das Prozesswissen als auch die Erfahrung in der Kosten- und Ökobilanzierung vorhanden, um ihre Fragestellungen verlässlich zu beantworten.

  • Die am IGCV aufgebaute Pilotanlage wird kontinuierlich optimiert und erweitert. Des Weiteren soll in Zusammenarbeit mit Industriepartnern der Anwendungsbereich der Anlage in Rahmen von Forschungsvorhaben oder bilateralen Kooperationen ausgebaut und spezifiziert werden.

    Bitte zögern sie nicht, uns für weitere Informationen, Anfragen oder Projektideen zu kontaktieren. Wir stehen ihnen jederzeit gerne zur Verfügung!

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