MULTIREIN | Technische Sauberkeit in der additiven Multimaterialverarbeitung

Additive Fertigung – Herausforderungen für die Bauteilreinigung

Durch den Vorteil der Additiven Fertigung, komplexe Strukturen erzeugen zu können (z. B. filigrane Gitterstrukturen, konturnahe Kanäle, Gelenke etc.), ergibt sich zugleich der Nachteil der prozessbedingten Ansammlung von filmischen und partikulären Verunreinigungen in feinen und somit schwer zugänglichen Zwischenräumen bzw. Kanälen im Bauteil. Diese sorgen dafür, dass die derzeit auf dem Markt verfügbaren Reinigungskonzepte nicht direkt übertragen werden können. So sind beispielsweise einige Wirkprinzipien nicht ausreichend, um eine prozesssichere Entfernung von Verunreinigungen an schwer zugänglichen Bereichen zu garantieren. Insbesondere bei additiv gefertigten Bauteilen, wie sie im MULTIMATERIAL-Zentrum Augsburg generiert werden, muss der Reinigungsprozess nicht nur auf Geometrien, sondern ebenso an die zu reinigenden Materialien und Verunreinigungen angepasst werden. Die Wahl falscher Technologien oder Parameter kann durch chemische, thermische oder physikalische Einwirkungen Beschädigungen an den Bauteilen hervorrufen.

Bayerisches Staatsministerium für Wirtschaft, Landesentwicklung und Energie
© StMWi

Das Projekt »MULTIREIN« im Video

Aufbau einer entsprechenden Datengrundlage

Zum Aufbau einer fundierten Entscheidungsgrundlage zur Bewertung des ökologischen, ökonomischen und funktionellen (mechanischen) Nutzens von rCF bedarf es einer breiten Basis an qualitativ hochwertigen Daten für eine transparente Bewertung. Aufgrund der Anzahl an material- und prozessbedingter Stellgrößen während des Recyclingprozesses, der Faservorbereitung, der Vliesherstellung und der Weiterverarbeitung ergeben sich je nach Vliesstoffvariante sehr unterschiedliche spezifische Eigenschaftsprofile auf Halbzeug- sowie auf Bauteilebene.

Um die Wirkbeziehungen zwischen den Zielgrößen - Bauteilqualität, Umweltwirkungen und Produktkosten - in Abhängigkeit dieser Einflussgrößen identifizieren zu können, wird im Rahmen des Projektes MAI ÖkoCaP bereits vorhandenes Wissen gebündelt, relevante Datenlücken identifiziert und geschlossen. In Zusammenarbeit mit dem Projektbeirat werden hierfür eine Vielzahl technischer Versuche sowie Anlagenvermessungen durchgeführt.



© Fraunhofer IGCV
Der rCF-Vliesstoff vom Fraunhofer IGCV

Saubere Bauteile ohne Rückstände

Im Hinblick auf die anstehende Nachbearbeitung (z. B. Beschichten, Kleben oder Schleifen) und den Einsatz der Bauteile im industriellen Umfeld, ist ein den Anforderungen entsprechend gereinigtes Bauteil erforderlich. Bereits kleinste Rückstände können zur Beeinträchtigung der Funktion und Beständigkeit führen. Da der Ausgangswerkstoff beim Laser-Strahlschmelzen zudem aus feinem Pulver besteht, ergibt sich die Schwierigkeit, dieses restlos aus den Kavitäten zu entfernen, um Beschädigungen im System zu vermeiden, wie beispielsweise das Verstopfen von Kühl-/Schmierkanälen oder Düsen im Betrieb. Erschwerend bilden sich durch den thermischen Einfluss beim Laser-Strahlschmelzen Agglomerate und Ansinterungen in und an den Bauteilen (siehe Abbildung 1).

Agglomerate aus Pulverwerkstoffen (links) und Ansinterungen am Bauteil (rechts)
© Fraunhofer IGCV
Abbildung 1: Agglomerate aus Pulverwerkstoffen (links) und Ansinterungen am Bauteil (rechts)

Methoden zur Analyse von Verunreinigungen

Aufgrund der steigenden Sauberkeitsanforderungen seitens der Industrie beschäftigt sich das Teilprojekt MULTIREIN mit der Sicherstellung der technischen Sauberkeit additiv gefertigter Multimaterialbauteile innerhalb der Gesamtprozesskette. Hierfür werden mögliche Reinigungskonzepte erforscht, um diese in einer prototypischen Prozesskette umzusetzen. Neben der Analyse und Charakterisierung der Verunreinigungen, gilt es diese durch geeignete Mess- und Detektionsverfahren zu quantifizieren. Da etablierte Methoden zur Prüfung der technischen Saberkeit nur bedingt auf additiv gefertigte Bauteile umsetzbar sind, werden diese fallspezifisch angepasst.

Wirtschaftlich und ökologisch optimierte Reinigungsprozesse

Der Zeitpunkt der Analyse kann hierbei von entscheidender Rolle sein. Da die Bauteile in den meisten Fällen nachbearbeitet werden, treten während der Prozesskette unterschiedliche Arten und Quantitäten der Verunreinigungen auf. Durch die gezielte Analyse der Verunreinigungen an verschiedenen Stellen in der Prozesskette, dem wissensbasierten Anpassen der Reinigungsprozesse und der wiederholten Analyse zur Kontrolle dieser, kann die Reinigungsprozesskette wirtschaftlich und ökologisch verbessert werden (siehe Abbildung 3).

© Fraunhofer IGCV
Abbildung 2: Ein Testbauteil aus Monomaterial.
Beispielhafte Reinigungsprozesskette
© Fraunhofer IGCV
Abbildung 3: Beispielhafte Reinigungsprozesskette

Angepasste Reinigungsprozesse

Um verschiedene Reinigungs- und Detektionsmethoden auf deren Eignung bezüglich der spezifischen Einsatzgebiete untersuchen zu können, werden in MULTIREIN ausgewählte Anwendungsfälle aus der Gesamtprozesskette der Additiven Fertigung untersucht. Hierzu zählen neben unterschiedlichen Materialien und Geometrien auch fallbedingte Verunreinigungen.

Am Fraunhofer IGCV wird eine prototypische Reinigungsprozesskette umgesetzt, die das Entfernen der unterschiedlichen Verunreinigungen vom Entpulvern bis zur Feinreinigung für High-Purity-Anforderungen ermöglicht. Die Feinreinigung erfolgt hierbei durch industrienahe Verfahren, wie dem Ultraschall oder der zyklischen Nukleation (Abbildung 4). Der Vorteil der Verfahren konnte anhand speziell entworfener Testartefakte aufgezeigt werden. Abbildung 5 zeigt die verbleibenden Restpartikel auf Analysemembranen nach der Reinigung an verschiedenen Stellen in der Prozesskette.

Ultraschallreinigungsanlage
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Abbildung 4: Zyklische Nukleation am Fraunhofer IGCV.
Partikelrückstände nach verschiedenen Reinigungsverfahren
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Abbildung 5: Partikelrückstände nach verschiedenen Reinigungsverfahren

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